Alle Artikel mit dem Schlagwort: Philosophie

Die Gedanken sprudeln

Ich habe die Absicht, in der nächsten Zeit Newsletter zu schreiben. Natürlich gibt es auch Seminare, Vorträge und Bücher, um seine Gedanken los zu werden. Aber immer, wenn mir ein Gedanke kommt, will ich nicht bis zum nächsten Seminar warten, für einen Vortrag den Raum suchen oder ein Buch schreiben. Der Gedanke soll sofort mitgeteilt werden.  Natürlich gibt es genug zu lesen. Natürlich flattern einem unentwegt eMails ins Haus, die man gar nicht haben möchte. Deshalb bitte ich um die Mitteilung, wer den Newsletter erhalten möchte. (stamer@stamer-reflex.de) Natürlich kommen mir nicht etwa jeden Freitag um 18 Uhr spontan irgend welche Gedanken. Mein Newsletter wird daher auch nicht regelmäßig an einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Zeit erscheinen, sondern immer dann, wenn meinem Grips was Interessantes zufliegt. Ich hoffe, dass das oft genug geschieht.  Schon jetzt möchte ich mich dafür entschuldigen, nicht sofort oder überhaupt auf jede Antwort einzugehen. Der Newsletter soll mich nicht auffressen. Wer mehr über REFLEX und die Stiftung Philosophie zur Zeit erfahren möchte, auch über aktuelle Programme oder Veröffentlichungen, der findet auf dieser Webseite von REFLEX, dem Institut für Praktische Philosophie, viele weitere Informationen. Freundliche Grüße sendet Gerhard …

Vortragsfrühling 2023

Prof. em. Dr. Wolfgang Welsch Für die Moderne war es charakteristisch, den Menschen als Ausgangs- und Zielpunkt von allem zu nehmen:»Der Mensch ist der einzigartige Begriff, von dem man ausgehen und auf den man alles zurückführen muss« (Diderot, 1755).Diese Denkform beruht auf der Annahme, dass Mensch und Welt von ganz unterschiedlicher Art sind (Rationalität versus Materialität). Das erweist sich jedoch im Licht evolutionärer Befunde als völlig verfehlt. Wir Menschen sind von der Anatomie bis zur Kognition weltgeprägte und weltverbundene Wesen. Damit bricht das anthropische Prinzip der Moderne zusammen.Homo mundanus ist die tiefere und wahrhaftere Bestimmung des Menschen. Homo mundanus – Vom modernen zum evolutionären Paradigma Leibniz-Haus, Holzmarkt 5, 30159 Hannover7. Februar 2023, 19 Uhr Prof. Dr. Uwe Voigt Universität Augsburg Wie verhalten sich Geist und Natur zueinander?Diese Frage erhält neue Dringlichkeit heute im sogenannten Anthropozän: einer Zeit, in der die Menschheit als geologische Macht auftritt und zugleich eine dieser Macht entsprechende Verantwortung vermissen lässt, ja sogar auf vielen verschiedenen Ebenen in ein pathologischesFesthalten am je eigenen Standpunkt abzudriften scheint.Die gleichzeitige Krise von Geist und Natur …

REFLEX Programm September bis November 2022

Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen 10 x Mittwoch: 14.9. / 21.9. / 28.9. / 5.10 / 12.10. / 19.10. / 26.10. / 2.11. / 9.11. / 23.11. 10:00 – 12:00 Uhr FZH Lister Turm, Walderseestr. 100 Kursgebühr: € 150,- Leitung: Dr. Gerhard Stamer Üblicherweise wird der Ästhetik hinter der gewaltigen wissenschaftlichen und technischen Entwicklung der Neuzeit nur eine periphere Rolle zugesprochen. Wenn dann doch einmal die Humanität angesprochen wird als Orientierung für die gesellschaftliche Entwicklung, ist zumeist lediglich von der Moral oder der Ethik die Rede. In Schillers Briefen über die Ästhetik, die wir in diesem Kurs thematisieren, wird deutlich, dass Humanisierung der menschlichen Lebenswelt nicht ohne die Ästhetik auskommt.   Einführung in die Philosophie – Mit Gerhard Stamer durch die Geschichte der Philosophie wandern Begleittext: Wilhelm Weischedel, Die philosophische Hintertreppe 8 x Montag; 19.9. / 26.9. / 10.10. / 17.10. / 24.10. / 7.11. / 14.11. / 21.11. 19:00 – 21:00 Uhr Hybride Veranstaltung per ZOOM und zugleich im Büro von REFLEX, Alte Herrenhäuser Str. 26 Kursgebühr: € 120,- Leitung: Dr. …

Programm September bis Dezember 2019

„Was ist der Mensch? Wer sind wir?“ Anthropologie in aktueller Absicht 12 x Mi: 11.9./18.9./25.9./2.10./9.10./16.10./23.10./30.10./6.11./13.11. /20.11./27.11. Kursgebühr: € 180,- 10:00 Uhr, Lister Turm, Walderseestr. 100 Leitung: Dr. Gerhard Stamer Was der Mensch ist, stellt kein Problem dar. Denn er existiert in Millionen Exemplaren. Aber ihn zu definieren, bereitet trotzdem große Schwierigkeiten. Naturwissenschaftliche, soziologische, theologische, aber auch philosophische Erklärungen erfassen verschiedene Aspekte des menschlichen Wesens und widersprechen sich. Weder als Ebenbild Gottes noch im Vergleich mit den Tieren gelingen überzeugende Beschreibungen. Die Einheit von Körper, Seele und Geist, die Geschichtlichkeit des Menschen, sein Dasein zwischen Subjektivität und Objektivität, die Diversität seiner Kulturen nötigen dazu, die Einheit einer Komplexität zu denken, die sich dem Zugriff der Erkenntnis zu entziehen scheint. Sollte dem Menschen sein eigenes Wesen verschlossen bleiben? Was bedeutet das für seine Existenz, wenn er nicht weiß, wer er ist? In diesem Seminar wollen wir uns mit Hilfe zweier klassischer Texte der Anthropologie aus dem vergangenen Jahrhundert dieser Thematik nähern. Auszüge aus den folgenden Texten ziehen wir dazu heran: Max Scheler: Die Stellung des Menschen im …

Soll man es empfehlen, Philosophie zu studieren? — 11.2005

Stamer in philosophie.de

Gerade ist ein Abiturient zu mir gekommen, der einen nicht ganz unbekannten Philosophen besucht hatte, um sich von ihm für ein Studium der Philosophie beraten zu lassen. Der nicht unbekannte Philosoph hatte ihm entschieden abgeraten. Das Philoso- phiestudium böte überhaupt keine Berufsperspektive mehr. Immer mehr Stellen an den Universitäten würden gestrichen. Und er wolle ja wohl nicht als Taxifahrer enden. Hoffnung könne er ihm jedenfalls machen. Der Abiturient hätte nun verwirrt sein müssen nach einer solch niederschmetternden Aussicht, die ihm ein Mann vom Fach servierte. Aber das war überhaupt nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, amüsierte er sich über die höchst resignative Einstellung des Professors an einer der berühmtesten Universitäten des Landes. Und ganz im Gegenteil ist auch seine Absicht , Philosophie zu studieren, durch die Schwarzmalerei des Professors nicht in geringsten in Zweifel geraten. Ja klar, könnte man sagen, die Jugend hat eben noch nicht den Blick für die Realität. Und man könnte auch darauf hinweisen, dass einst Schiller den jungen Novalis nicht zur Lyrik geraten hat, sondern ihm dringend anempfahl, eine vernünftige Berufswahl zu treffen. Wer kennt ihn nicht, den väterlichen Spruch, doch nicht eine der brotlosen Künste zum Beruf machen zu wollen. Und es trifft zu, dass Stellen gestrichen werden. Und es trifft zu, dass ein hoher Prozentsatz der Absolventen des Philosophiestudiums in einem Job landen, zu dem sie kein Studium brauchten – abgesehen von dem ebenfalls hohen Pro- zentsatz der Studienabbrecher. Kann es also ein vernünftiger Vertreter der Philosophie einem Abiturienten raten, Philosophie zu studieren?

Was ist Realität? Worin besteht ein Realitätssinn? Es ist die Frage, wie weit sich der ältere Ratgeber mit seinem Realismus, den er sich zu Gute hält, selbst durchschaut. Zunächst setzt ja der Professor, der sicherlich über die Streichungen von Stellen an der Universität empört ist, und der sicherlich auch deprimiert ist, weil er seinen Studen- ten keine großartigen und sicheren Perspektiven zu einer Berufsausübung als Philosoph geben kann, mit seiner negativen Einstellung die Tendenz zur Stellenstreichung und überhaupt zur Verringerung des quantitativen Anteils der Geisteswissenschaft an den Studienfächern fort. Er fängt mit seiner Haltung gewissermaßen die Studenten schon vor Beginn des Studiums ab. Er löst das Problem der Bürokratie mit arbeitslosen Studien- abgängern, das später entsteht, schon am Anfang – selbstverständlich außerordentlich wohlmeinend. Sicherlich versteht er sich ernsthaft als ehrlicher Berater der Jugendlichen. Aber dass er zugleich der Agent der Bürokratie, bzw. einer Gesellschaft ist, die junge Menschen in die Arbeitslosigkeit schickt, das ist ihm wohl entgangen. Entgangen ist ihm auch wohl, dass der Realismus eines älteren Menschen ein anderer ist als der eines jungen Menschen. Der ältere trägt keine Berge mehr ab, der junge mag daran scheitern, es zu wollen, aber bis zu dem Zeitpunkt, an dem er scheitert, ist nicht gewiß, ob er scheitert.

Jugend setzt etwas in Bewegung. Es steht nicht fest, ob die Eingliederung einer stets wachsenden Zahl qualifizierter junger Menschen in die Schubläden der sozial abgesicher- ten Arbeitslosenstatistik wirklich gelingt. Die Gesellschaft ist im Fluß. Er kann so gar nicht mehr weitergehen. Es ist nur eine Frage der Zeit, wie lange es so noch weiter- geht. Dies zu wissen, wäre einem Philosophen würdig. Sich darauf vorzubereiten, das wäre eine Sicht der Dinge, die einem Philosophen entspräche. Diesen Wandel nicht nur vorauszusehen und sich darauf einzustellen, sondern mit Ideen ihn zu beschleunigen, ihn zum Durchbruch zu verhelfen, das wäre die Konsequenz für einen Philosophen – zumal für einen jungen; für einen älteren aber, ihn auf diese anstehende gesellschaft- liche Auseinandersetzung vorzubereiten. So aufgefaßt würde die Philosophie lebendige aktuelle Philosophie sein, als deprimierter hingegen die Studenten zu verscheuchen, ist der Verlust des philosophischen Elans. Da bekommt der alte Vorwurf gegen die Philoso- phie, dass sie doch im Kern unpraktisch sei, neue Nahrung In ihrer resignativen Form ist sie unpraktisch. Die Gesellschaft braucht dringend Philosophie in dieser Zeit, in der alles der Ökonomie zu verfallen scheint, in der ungeahnte Probleme bestehen, die nicht einmal angefasst sind – von den geahnten und gewussten ganz zu schweigen. Die Ge- sellschaft braucht Philosophen, deshalb ist es unverantwortlich, wenn Philosophen vom Philosophiestudium abraten.

Machen wir Älteren uns nicht die Sorgen um die Jugend. Das war schon immer lächer- lich. Die Jugend ist und bleibt im Aufbruch und die altväterliche Besorgtheit – womöglich noch für Weisheit gehalten – ist nicht ihre Realität.

Gerhard Stamer auf philosophie.de